SUNDOWN

Es gibt Bands, die brauchen achtunddreißig Jahre um ihr erstes Album rauszubringen. Als Mike Krollmann und ich Sundown gründeten war ich siebzehn und er zwanzig. Ich wohnte noch bei meinen Eltern und er hatte schon ein eigenes Auto. Wir waren Songschreiber auf Augenhöhe in der selben Band und versuchten uns mit jedem neuen Lied gegenseitig zu übertrumpfen – eine Erfahrung, die ich nur aus Beatles-Biografien kannte und die mir in der Form auch kein zweites Mal in meinem Leben vergönnt war. Ein paar intensive Jahre später trennten sich unsere Wege. Mike machte ein paar echt krasse Sachen durch und gab den Traum von einer Musikkarriere dann komplett auf – ich wiederum wurde zu Tom Liwa. Aber auch in all den Jahren, in denen wir erst noch sporadisch und dann irgendwann gar keinen Kontakt mehr miteinander hatten, blieb Mike Krollmann für mich eine Art mythische Figur. Als der, der mich in die Welt der genialen Popmelodien, psychedelische Paralleluniversen und noch in ein paar andere Dinge eingeführt hatte. Im November 2016 sind wir uns dann wieder begegnet. Nach dem Flowerpornoes-Konzert in Essen stand da plötzlich jemand neben Markus, unserem Bassisten – sichtlich gealtert und trotzdem irgendwie total der alte Mike. Wir tauschten Adressen aus und ich fuhr erstmal weiter auf Tour. Im Januar entstand dann ein intensiver Mailwechsel mit verhängnisvollen Folgen. Wir mailten nämlich nicht nur Text hin und her sondern nach kurzer Zeit auch Musik. Zunächst nahm ich Tracks auf, bei denen ich versuchte, den Sound unserer Uralt-Cassettenrekorder-Aufnahmen nachzuahmen. Mike legte Gesänge darüber und ich im Gegenzug dann weitere Overdubs. Ohne es zu merken und ohne jede Absicht entstand so über den Zeitraum von knapp drei Wochen ein komplettes Album mit ausschließlich neuen Songs. Mal vom Krollmann, mal vom Liwa – aber immer Liwa/Krollmann. Der LowFi-Charakter dieser Platte mag nicht jedermanns Sache sein, genauso wie ich jetzt schon das Nasengerümpfe aufgrund der englischen Texte erahne – für mich ist das Sundown-Album ein absoluter Höhepunkt meiner Karriere als Recording Artist. Und die Geschichte einer wirklich inspirierten, tiefen Freundschaft.

Der Titel „Crab Apple, Wild Cherry and Sloe“ ist übrigens einem Kapitel aus Kenneth Grahames „Wind in den Weiden“ entnommen – jenem Kapitel, das seinerseits im Original den Titel „The Piper at the Gates of Dawn“ trägt. Ein kleines Spiel mit liebgewonnenen Referenzen…

Tausend Dank im Übrigen ans Grand Hotel van Cleef, so verrückt und realistisch zugleich zu sein, uns veröffentlichen zu wollen. So verrückt und realistisch wie Sundown selbst.