Marr

Da oben fliegen die Leute und stürzen sich auf all das Getier, das deutsch, deutsch, deutsch singt. Es darf noch so uninspiriert und belanglos sein, aber es muss Texte haben, die Worte wie „Rastplatz“ und „Hühnerauge“ enthalten. Und wie gut ist es, dass es jemanden gibt, der Hund genug ist, um zurück zu beißen nach dem, was von oben kommt – nach dem, was von allen Seiten kommt, weil Marr von so weit unten kommen, dass die Seiten schon immer oben waren.

Die Stimme Elbeshausens wurde in der „Eitle Promis schreiben über Musik, die sie nicht verstehen“-Intro-Rubrik a.k.a. „Platten vor Gericht“ von „Größen“ wie Mike Patton vom Noisepunk Projekt Phantomas noch gepeinigt mit einem: „The music is okay, but the singer ruins it.“ Selten, um nicht das abgedroschenste Platteninfo Wort ever „Nie“ zu benutzen, hörte man eine Morrissey-The van Pelt-At the Drive-In-Stimme, die auf so unpoppigen Hit Rock Sound traf.

Mit „Express and take Shape“ wird jetzt klarer, wo diese Band in unangestrengter Weise hingeht, hin will, hin muss. Neben Dennis Becker und Olli Koch, die bei auch bei Tomte spielen, sind noch Andre Frahm und Jan Elbeshausen bei Marr, die sich schon in anderen Konstellationen ein Jahrzehnt durch die Hardcoreszene spielten und auf US-Tourneen waren (Heh, Interviewer, dann frag mal, wie diese US-Tournee war, und ob sie den RZA kennen gelernt haben und was danach passiert ist…). Elbeshausen und Koch waren noch in der Hölle der Pubertät als sie sich durch die AJZ`S dieser Welt dreschten.

Mit „Express and take shape“ schaffen Marr es, die Vehemenz von Sonic Youth, die Kraft und Vision von The Mars Volta und die süßen Melodie Elemente von Bands wie Travis unter einen Hut zu bekommen. Schön, wild, heftig, crazy, sexy, cool! … und zum Glück schon wieder ganz undeutsch, handelt es sich doch um vier ausgezeichnete Musiker, die sofort von sämtlichen Fachpublikationen interviewt werden könnten, wie sie was spielen. Die Abwesenheit des Schrammels! …und nein…Marr kommt nicht von Johnny Marr. Durch Leipzig läuft eine gutaussehende, verwirrte Künstlerin, die ihre handgemalten Plakate in der Stadt auf Wände klebt. Auf diesen Plakaten stand eine Zeit lang: „MARR“

Marr haben mit „express and take shape“ ein Standardwerk für eine Musik geschaffen, die es hier zu Lande eigentlich gar nicht gibt.