SHITNEY BEERS

Noch eine dieser geglaubten Sicherheiten, von denen wir uns verabschieden können. Die Welt ist nicht gänzlich ausgemessen. Immer wieder tauchen irgendwo neue Inseln auf, manche übersehen, manche neu entstanden, hier zum Beispiel diese hier: Shitney Beers, drittes Album, willkommen auf „Amity Island“. Genaue Koordinaten noch nicht ganz auskartografiert, egal, der Kurs ist trotzdem gesetzt. „This Is Pop“ (2022) war das Vorgänger-Werk. Das hier ist jetzt Meuterei.

Schließlich gibt es genug Gründe, wütend zu sein: Misgendering, der richtige Crush zur falschen Zeit, festklammern an Dingen, die losgelassen werden wollen.

I’m so angry I wanna make a change
But I’m scared of so many little things

Die Revolte tut weh, und ja, meistens einem selbst. Macht aber nichts, denn der Punk gehört den Verletzlichen, wissen Shitney Beers. „Amity Island“ beginnt deshalb mit einem tiefen Seufzer. Keine Durchhalteparolen in „Intro“, nur Banjo und leise Versprechen:

No more selfharm now
No more helplessness

Stattdessen werfen einem Shitney Beers die Rettungsleine zu.

Liebeserklärung an Maya Hawke, für die man sogar die Krankenversicherung aufgeben würde, queere Hymne auf zwei Ritter, die alle haben können, aber eigentlich nur sich gegenseitig wollen („I want my friends to fuck“). Auf „Amity Island“ klingt ein Gitarrensolo noch immer so, als könnte es Leben retten.

I want my friends to get lucky get laid

Diese Insel soll keine einsame sein. Amity heißt zu deutsch Freundschaft, deshalb haben sich Shitney Beers Unterstützung mit ins Boot geholt. Lina Brockhoff, Blondine Morrisson, Nix Kiepe, Andergraben und weitere Musiker*innen haben Stimme, Gitarre oder Cello beigesteuert.

I meant to go to wonderland
But I ended up in my neighbours septic tank

Nun ist da aber natürlich noch die Sache mit dem Herzen, immer so ein Endgegner. Auf „Done“ singen Shitney Beers featuring Brockhoff von gelogener Nähe und dem Abschied davon, mit Klavier, weil es so am aushaltbarsten wehtut. Ein bisschen, wie für den Abspann im Kino sitzen bleiben, gleich kommt schon einer, um das Popcorn wegzufegen, aber noch ist es nicht ganz vorbei. Das Ende muss nicht immer bitter, sondern darf auch versöhnlich sein. Und dann ist da etwas am Horizont. Letzter Song, „We need a bigger boat“:

I would try to make you mine
But I would only waste your time
So I’m stuck on amity island with you

Feststecken in der Friendzone also, tiefes Wasser und so ganz sicher ist man nie, was da unten lauert. Aber es könnte weh tun. Deshalb lieber am Ufer warten, dort ist es sicher und einsam, wehmütig schaut man aufs Meer. Shitney Beers setzen sich daneben und legen einem den Arm um die Schulter. So schlimm es ist, auf eine Freundin zu crushen, so schön ist es, eine zu haben. So traurig es ist, traurig zu sein, so gut tut es, Shitney Beers dabei zu haben.

– Alana Tongers

Foto Credit: Aylin Sengül

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