THE LION AND THE WOLF
Es ist nicht leicht, heutzutage für irgendetwas Aufmerksamkeit zu bekommen. Alles ist voller Müll. Zweifelhafte Jugendliche mit zweifelhaften Inhalten erreichen über YouTube & Co. in wenigen Sekunden hunderttausende Menschen und drehen ihnen Schwachsinn an. Deine Timelines sind täglich voll mit dem nächstem Hype-Act, von dem man zwei Monate nach der Album-Veröffentlichung nie wieder etwas hört. Deine Freunde nehmen ironisch an Quatsch-Veranstaltungen teil, dein Streaming-Account schlägt dir immer nur die Bands vor, die dir eh seit Wochen per targeted-sponsored-Post um die Ohren gehauen werden.
Einen Künstler wie Tom George – The Lion And The Wolf– könnte das alles entmutigen, denn für Musik wie seine, ist auf den ersten Blick wenig Platz in unseren Leben. Denn The Lion And The Wolf ist ein Leisetreter. Seine Songs sind kleine Folk-Schönheiten, oft mit Kopfstimme gesungen, meist mehr Gospel als Pop, und nie auf der verzweifelten Jagd nach dem massentauglichen Arme-in-die-Luft-werf-Refrain. Also genau die Art von Musik, die bei all dem hinabprasselnden Schrott als erstes übertönt wird.
Um sich Gehör zu verschaffen, wählte Tom den einzigen Weg, der ihm übrig blieb: die Flucht nach vorn. Anfang 2014 kündigt er seinen Job, um sich von nun an komplett auf The Lion And The Wolf, das Touren und seine traurigen Songs zu konzentrieren. Er erspielt sich seine Reichweite Hörer für Hörer für Hörer für Hörer. Mehr als 300 mal steigt er in den letzten zwei Jahren die Bühne. Oft ist er monatelang auf Solo-Tour, springt auf andere Touren auf, spielt in Tattoo-Shops, Cafés, Wohnzimmern, manchmal auch in echten Clubs. Jedes Mal verzaubert er die meist wenigen Anwesenden. Tom ist sicher nicht der erste Songwriter, der das Prinzip „DIY“ lebt, aber kaum einer hat es so rigoros durchgezogen wie er.??Langsam bildet sich eine echte Gefolgschaft, immer mehr Leute jedes Alters kommen zu seinen Konzerten. Seine Fans nennt Tom liebevoll den „Sad Club“.
Eine stetig wachsende Gemeinde, die ihm dabei hilft sein Debütalbum „Symptoms“, das er komplett im Alleingang herausbringt, in kurzer Zeit auszuverkaufen. Auch eine Zweitpressung des Albums sowie eine 7“ Single sind nach weiteren Touren schnell vergriffen. Endlich werden auch die Plattenfirmen auf ihn aufmerksam. Das erste Ziel ist erreicht.
Am 07. Oktober 2016 erscheint nun „The Cardiac Hotel“, das zweite Album von The Lion And The Wolf. In Deutschland, Österreich und der Schweiz veröffentlicht vom Hamburger Indielabel Grand Hotel van Cleef, im Rest der Welt über Xtra Mile aus England.
„The Cardiac Hotel“ entstand dabei schneller als Tom es gedacht hätte: schon auf seinem ersten Album handelten viele Songs vom Verfall, vom Tod, von Krankheiten und persönlichen Dramen im Großen und Kleinen. Allerdings immer nur aus der Beobachter-Perspektive. Mal waren es die Eltern von Freunden, mal seine beste Freundin, die etwas verloren hatten – aber nie Tom selbst.
Ende letzten Jahres erkrankte Toms Vater dann plötzlich schwer und sprang dem Tod nur knapp von der Schippe. Angefeuert von der eigenen Verlustangst, aber auch ungebrochenen Optimismus, schrieben sich die neuen Songs fast wie von selbst. Der Kummer und die Ängste sind allgegenwärtig auf „The Cardiac Hotel“, doch nie bemitleidet Tom sich oder seine Familie. Viel mehr sind seine neuen Songs dazu da, sich selbst Mut zu machen.
Aufgenommen wurde „The Cardiac Hotel“ in Toms Heimat, der Isle Of Wight. Die kleine Insel vor der Südküste Englands ist der perfekte Ort, um etwas mit Liebe und Sorgfalt entstehen zu lassen. Außerhalb der Sommersaison hat man hier immer seine Ruhe, und so nahm Tom das Album mit seiner festen Backingband zu größten Teilen live auf. Im Aufnahmeprozess wurde komplett auf digitale Plug-Ins, Click-Tracks und anderen Schnickschnack verzichtet.
Durch die Verwendung von ausnahmslos analogem Equipment ist der DIY-Ethos, aus dem The Lion And The Wolf einst entstand, immer eindeutig zu hören. Die Stücke auf „The Cardiac Hotel“ sind mit Bläsern, Streichern, Gitarren, Schlagzeug und Klavier immer reich instrumentiert, aber nie mit Bombast zugekleistert. Auch hält sich Toms Band an den richtigen Stellen zurück – denn auf „The Cardiac Hotel“ stehen die Geschichten die er erzählt stets im Vordergrund. Jeder Song funktioniert auch heruntergebrochen auf seine Stimme und ein paar Gitarren-Noten.
„The Cardiac Hotel“ ist eine der intimsten, traurig-schönsten Platten, die man dieses Jahr zu hören bekommen wird. Es ist ein Album, das es nicht nötig hat, dir „HIER! HIER! HÖR MICH!“ entgegen zu brüllen und um deine Aufmerksamkeit zu buhlen. Die Lust, zu diesen Songs zurückkehren zu wollen, kommt von ganz allein. Und da davon auszugehen ist, dass The Lion And The Wolf auch weiterhin gut 150 Konzerte im Jahr spielen wird, ist es äußerst wahrscheinlich, dass fast jeder schon bald die Möglichkeit bekommt, ihn live zu sehen. Das ist nämlich geiler, als an nie stattfindenden Facebook-Unsinns-Veranstaltungen teilzunehmen, versprochen.
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